Um Qualifikationslücken zu schließen, müssen durchschnittlich 40 % der Angestellten innerhalb von sechs Monaten oder weniger umgeschult werden.
Das ergab eine Befragung unter Führungskräften des Blogs muchskills.com. 94 % der Befragten gaben sogar an, dass sie von ihren Mitarbeitern erwarten, sich neue Fähigkeiten am Arbeitsplatz anzueignen, gegenüber 65 % im Jahr 2018. Die Umfrageergebnisse untermauern einen eindeutigen Trend: Die strategische Bedeutung von Kompetenzen für Unternehmen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.
Insbesondere der WEF-Bericht zur „Zukunft der Arbeit“ aus dem Jahr 2020 definiert vier große Bereiche, für die in Zukunft verstärkt Kompetenzen erforderlich sind.
Kritisches Denken und Problemlösung stehen ganz oben auf der Liste der Kompetenzen, von denen die Arbeitgeber glauben, dass sie in den nächsten fünf Jahren an Bedeutung gewinnen werden. Warum ist das so? Der verstärkte Einsatz von Technologie wird dazu führen, dass sich nachgefragte Qualifikationen in den nächsten fünf Jahren berufsübergreifend ändern und daher Qualifikationslücken weiterhin groß sein werden. Bei den Arbeitnehmern, die in ihren Positionen bleiben, wird sich der Anteil der Kernkompetenzen bis 2025 um 40 % verändern, und 50 % aller Arbeitnehmer werden sich neu qualifizieren müssen (plus 4 %).
Immer mehr Menschen sind bereits auf der Suche nach neuen Kompetenzen. "Die Zahl der Personen, die aus eigener Initiative nach Online-Lernmöglichkeiten suchen, hat sich vervierfacht, die Zahl der Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Online-Lernmöglichkeiten anbieten, verfünffacht und die Zahl der Lernenden, die über staatliche Programme Zugang zum Online-Lernen haben, verneunfacht", heißt es in einem Bericht des Kursanbieters Coursera. Gleichzeitig steigt damit aber auch die Anforderung, sogenannte „Hard Skill“ Trend durch komplementäre Kompetenzen abzufedern. Aus diesem Grund sind Soft Skills wie Resilienz, Belastbarkeit, Stressresistenz und Flexibilität neu auf der Kompetenzagenda aufgetaucht.
Projektmanagement, Kundenmanagement und allgemeines unternehmerisches Denken sind das neue Handwerkszeug in Unternehmen. Insbesondere das Projektmanagement wächst überproportional. Dort wurden bis 2020 weltweit ca. 15 Mio. neue Stellen für Projektmanager geschaffen. Besondere Qualifikationsanforderung dabei: 80 % der erfolgreichen Projekte leiteten zertifizierte Projektmanager. Personen mit Zertifizierungen verdienen 20 Prozent mehr als ihre nicht zertifizierten Kollegen.
Die Zahl der Arbeitsplätze, die spezielle KI-Skills erfordern, ist seit 2013 um das 4,5-fache gestiegen, Investitionen in KI-Startups haben sich seit 2000 versechsfacht. Arbeitsplätze in der intelligenten Automatisierung und in datengesteuerten Branchen wie Finanzdienstleistungen, Cybersicherheit und digitale Marketing Services werden in den kommenden Jahren das Wachstum ankurbeln und einen großen Bedarf an Big-Data-Architekten, Spezialisten für digitales Marketing, Ingenieuren für maschinelles Lernen und zahllosen anderen Technologiepositionen schaffen.
Insbesondere die Pandemie hat den Bedarf und die Bedeutung gewerblicher Berufe sowie von unqualifizierter Arbeit aufgezeigt. Der Arbeitskräftemangel in diesem Segment könnte den allgemeinen Lebensstandard gefährden und Branchen wie Transport, Lagerhaltung und Fertigung existenziell bedrohen. Aus diesem Grund sind viele Arbeitgeber dazu bereit, höhere Löhne für Arbeitskräfte zu zahlen. Aber: Selbst vor diesem Karrieresegment macht der Fortschritt nicht Halt. Auch hier existieren zwischenzeitlich Kompetenzlücken, die geschlossen werden müssen.
Diese Skill-Trends kommen in der Zukunft auf gewerbliche Berufe zu
Aber: Technologie und Digitalisierung werden den Menschen nie ersetzen. Aus diesem Grund bleiben Soft Skills mindestens ebenbürtig mit Tech Skills.
Bei der Identifikation von Kompetenzlücken oder bei der Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, ist der HR-Manager gefordert. Spezifische Kompetenzen und Fähigkeiten versetzten ihn in die Lage, die besten Köpfe im Unternehmen zu halten oder Kandidaten von dessen Attraktivität zu überzeugen.
Erik van Vulpen, CEO der Academy to Innovate HR (AIHR), definiert den HR-Manager der Zukunft als „T-Shaped-Professional“. D. h.: Er verfügt einerseits über eine breite Basis an Kernkompetenzen (das waagerechte „Dach“ des Ts) sowie über eine funktionale, spezialisierte Kompetenz (der Stamm des Ts). Diese beiden Kompetenzbereiche waren und sind erforderlich, um als HR Professional erfolgreich für Unternehmen zu arbeiten. Hinzu kommt nun als erstes die datengetriebene Kompetenz. Damit treffen HR-Manager, auf der Basis von Daten, qualitativ bessere Entscheidungen, von denen Unternehmen profitieren. Als vierten Kompetenzbereich nennt van Vulpen die digitale Integration. Sie beschreibt die Fähigkeit, Technologie als Hebel zu nutzen, um HR-Prozesse zu optimieren. Seine Prognose: Ohne diese vier Skills werden HR-Manager in der Zukunft nicht auskommen.