Die Pandemie ist überwunden – aber ganz langsam
Die klassische Büroarbeit existiert nicht mehr. Dank der Digitalisierung verwandelte sich Büroarbeit während der Pandemie in Arbeit von zu Hause.
Dieser Wandel lässt nicht nur Grenzen und Orte der Büroarbeit verschwimmen, er wird, insbesondere für die zahlreichen Bürojobs, langfristige Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft haben. Das „Büro der Zukunft“ ist ein hybrider Raum, in dem sich der professionelle und private Bereich an einem Ort vermischen. Wo diese Räume sich befinden, ist offen.
Weltweit waren gut 1,3 Mrd. Kinder von Schulschließungen betroffen. Homeschooling band Eltern vor diesem Hintergrund an die Arbeit zu Hause. Dadurch verbesserte sich gleichzeitig auch die Anwendung digitaler Geräte und Lerntechnologien.
So fand etwa eine Individualisierung des Lern- und Arbeitstempos statt. Diese Erfahrungen entwickeln sich nun zu einem hybriden Lernumfeld weiter. Die Idee dahinter ist, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren.
Im Hinblick auf die zukünftige Gestaltung von Arbeitsplätzen, das Recruiting und die Lernprozesse selbst, ist diese Erkenntnis für die HR elementar.
Gut 40 % der Arbeitskräfte, davon überwiegend die sogenannten „Millennials“, haben vor, ihre gegenwärtige Arbeitsstelle noch in diesem Jahr zu kündigen. Was sind die Gründe für diesen dramatischen Trend?
Fest steht: Unter dem Eindruck der lebensbedrohlichen Situation während der Pandemie, fand eine grundsätzliche Neubewertung individueller Bedürfnisse, Wünsche und Karriereziele statt. Dabei kam heraus: Karriere rückt mehr und mehr in den Hintergrund. Statt „Live to Work“ fokussieren sich die Millennials heute eher auf das Motto „Work to Live“.
D. h.: Berufstätige wollen auf die im Homeoffice neu gewonnene Flexibilität nur sehr ungern verzichten. Dagegen rufen aber die Unternehmen ihre Mitarbeitenden aktuell zurück in die Büros. Schon bald wird sich die Mehrheit der weltweiten Arbeitskraft aus der Gruppe der Millennials rekrutieren. Wie also lässt sich dieser Konflikt auflösen?
Traditionell wurde die Personalabteilung als ein papierintensiver Bereich angesehen. Das verändert sich gerade. Plötzlich werden in rasantem Tempo neue Technologien integriert.
Dazu zählen etwa VR- (Virtual Reality) und AR-Anwendungen (Augmented Reality), die sich insbesondere für technologiegestützte Schulungen, die Aus- und Weiterbildung, den Aufbau von spezifischen Kompetenzen und Fähigkeiten bis hin zu Trainings-on-the-Job oder etwa für das Onboarding eignen.
Außerdem greift die HR verstärkt auf datengetriebene Technologien wie etwa Machine Learning zurück. Es ermöglicht komplexere Analysen und kommt daher zu belastbareren Ergebnissen und Erkenntnissen.
Im Personalbereich kommt Machine Learning vor allem bei Kandidaten-Prognosen zum Einsatz. Andere nutzen die Technologie im Personalmarketing als datengetriebenes Tool, um die Candidate-Journey zu personalisieren und potenzielle Kandidaten dazu zu bewegen, sich zu bewerben.
Die zunehmende Nutzung dieser und weiterer Tools geht mit der unternehmensweiten Verfügbarkeit von Fachinformationen einher. Fachwissen verlagert sich dadurch von der HR hinein in andere Fachabteilungen.
Die Folge ist, dass sich Personalabteilungen nicht mehr mit Ausbildungsaufgaben beschäftigen. Das übernehmen jetzt zum Beispiel die Line-Manager in der Produktion. Die HR befasst sich mehr und mehr mit der Personal- und Unternehmensstrategie und erhält dadurch bei Unternehmensentscheidungen mehr Gewicht.
Aktuelle Studien aus Deutschland zeigen: Am wichtigsten bei der Jobauswahl ist gerade den nach 1995 Geborenen eine wertebasierte Unternehmenskultur, die etwa Themen wie Nachhaltigkeit und soziales Engagement in den Mittelpunkt des Wertekatalogs stellt und Möglichkeiten bietet, neue Ideen und Konzepte einzubringen.
Erst auf Position zwei folgt das Gehalt, das damit immer noch eine große Bedeutung für die Millennials hat. Aber: Karriere alleine reicht nicht aus. Knapp 70 % gaben an, dass es ihnen wichtig ist, alle Aspekte ihres Lebens – also auch die Arbeit – aktiv mitgestalten zu wollen. Freie Zeiteinteilung (83 %), die Vereinbarkeit von Job und Privatleben (69 %) sowie Flexibilität (55 %) stehen an oberster Stelle. Bemerkenswert: Die Sicherheit des Arbeitsplatzes ist lediglich 45 % der Generation Z wichtig. Die Zahlen belegen: Es ist ein fundamentaler Wertwandel im Gange. Ein Alarmsignal für Unternehmen?
Die nachgefragten Kompetenzen und Fähigkeiten werden sich in allen Berufen in den nächsten fünf Jahren ändern. Danach gewinnen bis 2025 Kompetenzen wie kritisches Denken, Datenanalyse, Problemlösung sowie Fähigkeiten im Selbstmanagement (aktives Lernen, Resilienz, Stresstoleranz, Flexibilität) an Bedeutung.
Schätzungen zufolge benötigen etwa 40 % der Arbeitnehmer eine Umschulung von sechs Monaten oder weniger. 94 % der Führungskräfte geben an, dass sie von ihren Mitarbeitenden erwarten, dass sie neue Fähigkeiten erlernen. Im Jahr 2018 waren es noch 65 %.
Dabei gibt es generell eine große Nachfrage nach Online-Kursen. Arbeitgeber sehen eine Verfünffachung des digitalen Lernangebotes, um Kompetenzlücken zu schließen. Dies deckt sich mit ähnlichen Angaben auf Seiten der Nachfrage.
Aber: Infolge der Pandemie fallen auch Jobs weg, Zeitfenster für Umschulungen schließen sich. Dagegen verändert sich für Arbeitnehmer, die in ihren Jobs bleiben, das Kompetenzprofil in den kommenden fünf Jahren um gut 40 %. Dass etwa 50 % der Arbeitnehmer umgeschult werden müssen, begründet eine „Reskilling Revolution“.
Wie aber können Unternehmen dieser Realität gegenübertreten?